Warmer Bizeps, kühler Kopf: KIT Studie belegt, warum die besten Entscheider trainieren (und du es auch tun solltest)

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Lesezeit: 6 Minuten

Die Uhr zeigt 16:47. In 13 Minuten entscheidet sich, ob der größte Deal deiner Karriere zustande kommt. Dein Gegenüber lehnt sich zurück, verschränkt die Arme. "Das ist unser letztes Angebot."

In diesem Moment zählt nur eines: Klarheit.

Nicht Erfahrung. Nicht Vorbereitung. Sondern die Fähigkeit, unter Druck einen kühlen Kopf zu bewahren – während dein Körper Cortisol ausschüttet und dein Gehirn in den Kampf-oder-Flucht-Modus schalten will.

Die Frage ist: Hast du deinen Körper darauf trainiert?

Die überraschende Gemeinsamkeit der erfolgreichsten CEOs

2015 veröffentlichten zwei deutsche Wissenschaftler eine Studie, die in Führungsetagen für Aufsehen sorgte.

Peter Limbach vom Karlsruher Institut für Technologie und Florian Sonnenburg von der Universität zu Köln analysierten über 2,5 Millionen Marathon-Zieleinläufe und verglichen sie mit den Unternehmenswerten der S&P-1500-Firmen – über einen Zeitraum von 11 Jahren.

Das Ergebnis: CEOs, die Marathons liefen, führten Unternehmen mit 5 bis 10 Prozent höheren Firmenwerten. Bei M&A-Deals erzielten ihre Firmen signifikant bessere Aktienrenditen.

Besonders aufschlussreich: Der Effekt war am stärksten bei CEOs über 55 Jahren, mit langer Amtszeit und hoher Arbeitsbelastung. Also genau dort, wo Stress am größten ist.

Die Forscher nannten den Grund: Fitness moderiert Stress und verbessert kognitive Funktionen.

Aber warum funktioniert das?

Der Stress-Paradox: Warum kontrollierter Stress dich stärker macht

Die Antwort liegt in einem biologischen Prinzip namens Hormesis.

Hormesis beschreibt das Phänomen, dass niedrige Dosen eines Stressors den Organismus widerstandsfähiger gegen höhere Dosen machen. Es ist das wissenschaftliche Fundament hinter dem Sprichwort "Was dich nicht umbringt, macht dich stärker" – aber mit zwei entscheidenden Zusätzen: nur wenn die Dosis stimmt und solange du mit den richtigen Nährstoffen und Adaptogenen versorgt bist.

Denn Stress ohne Regeneration ist kein Training – es ist Verschleiß. Dein Körper braucht die Bausteine, um aus dem kontrollierten Stress tatsächlich stärker hervorzugehen: Magnesium für die Nervenfunktion, Zink für die Hormonproduktion, B-Vitamine für den Energiestoffwechsel. Adaptogene wie Ashwagandha oder Rhodiola können zusätzlich dabei helfen, die Stressantwort des Körpers zu modulieren und die Erholung zu unterstützen.

Das American Journal of Physiology fasst den Mechanismus so zusammen: Beim Training wird der Körper thermischem, metabolischem, oxidativem und mechanischem Stress ausgesetzt. Diese Stressoren aktivieren biochemische Signalwege, die Gene regulieren und Anpassungsreaktionen auslösen.

Anders ausgedrückt: Dein Körper lernt, Stress zu verarbeiten – vorausgesetzt, du gibst ihm die Ressourcen dafür.

Und hier wird es spannend für deine Karriere: Diese Anpassung ist nicht auf körperlichen Stress beschränkt. Sie überträgt sich auf psychischen Stress.


Was im Gehirn passiert, wenn du trainierst

Eine Studie der University of Maryland untersuchte 85 Probanden, die entweder intensiv trainierten oder Videos schauten. Anschließend absolvierten beide Gruppen kognitive Tests.

Das Ergebnis: Akutes aerobes Training verbesserte die Funktion des präfrontalen Kortex – des Hirnareals, das für Entscheidungsfindung, Impulskontrolle und komplexes Denken zuständig ist. Der Effekt hielt bis zu zwei Stunden an.

Eine weitere Studie aus Japan zeigte: Nach moderatem Training war der dorsolaterale präfrontale Kortex – das "Entscheidungszentrum" des Gehirns – stärker aktiviert. Die Probanden schnitten im Stroop-Test, einem klassischen Maß für kognitive Kontrolle, signifikant besser ab.

Der Mechanismus dahinter: Training erhöht die Ausschüttung von BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor) – einem Protein, das Nervenzellen schützt und die Bildung neuer neuronaler Verbindungen fördert.

Eine 12-monatige Interventionsstudie zeigte, dass regelmäßiges Training die BDNF-Level erhöht und – vermittelt durch diesen Anstieg – die exekutiven Funktionen verbessert. Also genau jene kognitiven Fähigkeiten, die du für strategische Entscheidungen brauchst.



Die Stress-Resilienz-Studie: 111 Menschen unter Druck

Forscher setzten 111 gesunde Erwachsene dem Trier Social Stress Test aus – einem standardisierten Verfahren, das akuten psychosozialen Stress erzeugt.

Das Ergebnis war eindeutig: Regelmäßig Trainierende zeigten einen geringeren Rückgang positiver Emotionen nach dem Stressor als inaktive Teilnehmer.

Die Forscher schreiben: "Diese Ergebnisse legen nahe, dass regelmäßig Trainierende resistenter gegen akuten Stress sein könnten, was sie vor zukünftigen Gesundheitsproblemen schützen könnte."

Übersetzt für deinen Arbeitsalltag: Wer regelmäßig trainiert, lässt sich von schwierigen Gesprächen, Deadlines und Verhandlungen weniger aus der Ruhe bringen.



Warum Golf nicht zählt (und Krafttraining besonders wertvoll ist)

In der CEO-Studie von Limbach und Sonnenburg gab es eine interessante Kontrollgruppe: Golf spielende Führungskräfte.

Eine Folgestudie von Biggerstaff, Cicero und Puckett (2017) zeigte, dass CEOs, die zu den 25 Prozent mit den meisten Golfrunden pro Jahr gehörten, unterdurchschnittliche Unternehmensleistungen aufwiesen.

Der Unterschied: Golf ist Entspannung. Marathon – und Krafttraining – ist kontrollierter Stress.

Das Center for Creative Leadership, das seit Jahrzehnten Top-Führungskräfte coacht, bringt es auf den Punkt: "Nicht nur profitieren Menschen enorm gesundheitlich vom Training – nach unserer Forschung werden Führungskräfte, die körperlich fit sind, auch als effektiver wahrgenommen."



Der 3-Säulen-Plan für mentale Schärfe unter Druck

Basierend auf der Forschung gibt es drei Hebel, die deine Stressresilienz und Entscheidungsqualität verbessern:

1. Intensität vor Dauer

HIIT (High-Intensity Interval Training) hat einen besonders starken hormetischen Effekt. Die Forschung zeigt, dass kurze, intensive Belastungen die Mitochondrien – die Kraftwerke deiner Zellen – effizienter machen.

Praktisch: 3x pro Woche, 20-30 Minuten intensives Training. Krafttraining mit Grundübungen (Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken) oder HIIT-Einheiten.

2. Timing nutzen

Akutes Training verbessert die präfrontale Kortex-Funktion für bis zu zwei Stunden.

Praktisch: Wichtiges Meeting um 10 Uhr? Trainiere um 7:30 Uhr. Große Verhandlung am Nachmittag? Nutze die Mittagspause für eine intensive 20-Minuten-Einheit.

3. Regelmäßigkeit als Fundament

Die Stress-Resilienz-Vorteile zeigten sich nur bei regelmäßig Trainierenden – definiert als mindestens einmal pro Woche.

Praktisch: Blockiere feste Trainingszeiten in deinem Kalender wie Meetings. Nicht verhandelbar.

Die unbequeme Wahrheit

Jack Brennan, ehemaliger CEO von Vanguard und Marathonläufer, sagte einmal: "Es ist ein Fehler, Fitness in einem stressigen, einflussreichen Job zu ignorieren."

Die Forschung gibt ihm recht. Aber hier ist die unbequeme Wahrheit: Die meisten Männer wissen das bereits. Sie tun es nur nicht.

Der Unterschied zwischen dir und dem Mann, der unter Druck die besseren Entscheidungen trifft, liegt nicht in der Intelligenz. Er liegt darin, ob du deinen Körper systematisch darauf trainiert hast, mit Stress umzugehen.

Dein Bizeps muss warm sein, damit dein Kopf kühl bleiben kann.

Die Frage ist nicht, ob du Zeit und Energie zum Trainieren hast. Die Frage ist, ob du es dir leisten kannst, es nicht zu tun.

Quellen

  1. Limbach, P. & Sonnenburg, F. (2015). "CEO Fitness and Firm Value." Centre for Financial Research, University of Cologne. Working Paper No. 14-12.

  2. Bernstein, E.E. & McNally, R.J. (2017). "Regular exercise is associated with emotional resilience to acute stress in healthy adults." Frontiers in Physiology.

  3. Suwabe, K. et al. (2015). "Acute Exercise Improves Prefrontal Cortex but not Hippocampal Function in Healthy Adults." Journal of the International Neuropsychological Society, 21(10), 791-801.

  4. Yanagisawa, H. et al. (2010). "Acute moderate exercise elicits increased dorsolateral prefrontal activation and improves cognitive performance with Stroop test." NeuroImage, 50(4), 1702-1710.

  5. Leckie, R.L. et al. (2014). "BDNF mediates improvements in executive function following a 1-year exercise intervention." Frontiers in Human Neuroscience.

  6. Peake, J.M. et al. (2015). "Modulating exercise-induced hormesis: Does less equal more?" Journal of Applied Physiology, 119(3), 172-189.

  7. McDowell-Larsen, S., Kearney, L. & Campbell, D. (2002). "Fitness and leadership: Is there a relationship?" Center for Creative Leadership.

MEDIZINISCHER HINWEIS: Die Informationen in diesem Artikel dienen ausschließlich zu Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung durch einen Arzt. Bei gesundheitlichen Fragen konsultieren Sie immer medizinisches Fachpersonal.

Weitere Informationen siehe Nutzungsbedingungen und Medizinische Hinweise im Fußbereich.

Lara Albrecht

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

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